Der|
Magistrat muß abdanken!|
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Kann ein Magistrat, dessen Unfähigkeit durch Thatsachen bewiesen|
ist, nicht zur Abdankung genöthigt werden? Ist ein Magistrat in-|
niger mit seinen Funktionen verwachsen, als ein Ministerium mit |
den seinen? Man sollte vermuthen, die Zeit wäre vorüber, wo|
Obrigkeit und Despotie verwandte Begriffe waren, die Zeit,|
wo der Gedanke Geltung hatte, daß das Volk nur da sei, um|
seine Obrigkeit zu füttern, vom absoluten König herunter bis zum|
absoluten Dorfschulzen! Man möchte sich verursacht fühlen, zu|
glauben, daß wir in einer Zeit leben, wo man zu der Zeit gelangt|
ist, daß die sogenannten Obrigkeiten da sein, dem Volke zu dienen,|
daß es der schlimmste Hochverrath sei, dem Volke ein Leid zuzufü-|
gen, oder auch nur zu dulden, daß ihm eins zugefügt werde, und|
daß ein gegen die Behörde erhobener Tadel nicht mehr danach ab-|
gewogen werden könne, ob er unehrerbietig, sondern lediglich da-|
nach, ob er ungerecht oder gerecht ist! Man sollte endlich glauben,|
daß die Zeit vorüber sei, wo man unter Aufreizung zum Haß|
und zur Verachtung der Regierung jede Aufklärung versteht, die|
über Fehlgriffe, Uebergriffe und Mißgriffe der Behörden, dem|
Volke gegeben werden, und daß vielleicht demjenigen mit Zucht-|
haus gedroht werden müsse, der das Volk über den Werth oder|
Unwerth seiner Behörden im Unklaren läßt, als demjenigen, der|
es darüber aufklärt!|
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Das Alles sollte man glauben, und siehe da, unser Ma-|
gistrat, der Magistrat Berlins, der Hauptstadt der Revolution,|
dieser Magistrat, dem von einer großen Corporation eine Wahr-|
heitswidrigkeit zur Last gelegt wird, weiß nichts Besseres anzufan-|
gen, als sich hinter die Pallisaden des Allgemeinen Landrechts|
zu flüchten! Statt Thatsachen anzuführen, citirt er Pharagraphen,|
statt die Wahrheit zu beweisen, weist er die Zähne!|
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Der Magistrat Berlins ist der Bürgerschaft gegenüber in eine|
solche Stellung gerathen, daß seine Fortdauer eben so unmöglich|
geworden ist, als die des weiland Oberbürgermeisters Krausnick|
es geworden war.|
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Der Magistrat hat die Privatwohlthätigkeit gegen die Armen,|
welche aus Mangel an Beschäftigung Hunger leiden, zu inhibiren|
gesucht! Das allein wäre genug.|
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Der Magistrat hat die Ansicht, als ob unseren beschäftigungs-|
losen Arbeitern die Schrecken des Hungers drohen, mit einer an|
Spott gränzenden Oberflächlichkeit zurückgewiesen. Das allein|
wäre genug!|
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Der Magistrat hat die Vervollständigung der Volksbewaff-|
nung durch Piken zu verhindern gesucht. Das allein wäre|
genug!|
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Der Magistrat hat sich dabei auf die Zustimmung des Herrn|
Rimpler, Interims-Kommandeurs der Bürgerwehr berufen, wel-|
cher jedoch durch Maueranschlag bekannt macht, daß die|
Angaben des Magistrats falsch seien, indem er ( Herr Rimpler )|
im Gegentheil entschieden für Pikenbewaffnung und Einreihung|
aller noch unbewaffneten Urwähler in die Bürgerwehr sei. Das|
allein wäre genug!|
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Und alles das zusammen sollte nicht übergenug sein? Der|
Magistrat sollte diesen Thatsachen gegenüber in seinem Amte|
bleiben können? Was sollte denn eine städtische Behörde veran-|
lassen, ihren Platz zu räumen, wenn nicht|
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1) nachgewiesene Unkenntniß der Bedürfnisse der|
Einwohnerschaft;|
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2) höchst unvolksthümliche, die nothleidende|
Klasse hart betreffende, Verordnungen;|
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3) enge, kleinliche, ja ganz falsche Auffassung|
der wichtigsten Lebensfragen im Grundgesetze|
des Staates;|
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4) mehrfache Anschuldigung wahrheitswidriger|
Behauptungen,|
ihren Rücktritt veranlassen sollen?|
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Es scheint hier wahrlich keine Wahl mehr zu sein. Der|
Magistrat muß nach dem, was geschehen ist, abdanken. Und wenn|
er sich freiwillig dazu nicht veranlaßt fühlt, so ist es Sache der|
Bürgerschaft, ihm die Nothwendigkeit dieses Schrittes nachzu-|
weisen.|
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Schnellpressendruck von W. Fähndrich & Comp., Schleuse Nr. 4.