© Sammlung Stiftung Stadtmuseum Berlin
Im Februar und März 1848 lösten Forderungen nach Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit revolutionäre Aufstände in ganz Europa aus. Nach Paris und Wien erreichte die revolutionäre Welle für Demokratie und Bürgerrechte Berlin.
Bei Volksversammlungen im Tiergarten forderten Anfang März wachsende Menschenmengen Reformen und zwangen König Friedrich-Wilhelm IV. schließlich, Zugeständnisse zu machen. Am 18. März 1848 gewährte er Pressefreiheit.
Nun war es allen gestattet, in Form von Flugschriften, Zeitschriften und Plakaten – auch „Maueranschläge“ genannt – ihre politische Meinung zu veröffentlichen. Unzählige gedruckte Maueranschläge an Bretterwänden und Hauswänden wurden intensiv wahrgenommen und diskutiert.
Pressefreiheit in Berlin 1848, Lithografie von Vinzenz Katzler, 1850.
Zwei Faktoren waren für den Erfolg dieser Printprodukte besonders wichtig: Zum einen die Einführung der Schnellpresse, einer Druckerpresse mit zylinderförmiger Druckform, die im Rotationsverfahren binnen kurzer Zeit sehr hohe Auflagen produzieren konnte. Druckaufträge konnten nur Menschen mit ausreichend Geld erteilen, aber die Schnellpresse setzte die finanzielle Hürde niedriger als bisher. Der zweite Faktor war die öffentliche Plakatierung. In Zeiten, als nur wenige Menschen lesen konnte, wurden durch das Vorlesen der Texte dennoch viele erreicht und zur unmittelbaren politischen Diskussion angeregt.
Meinungsfreiheit bei der Volksversammlung im Berliner Tiergarten 1848, Lithografie von Anton Ziegler, 1850.
Auf diese Weise war eine Informationsverbreitung möglich, die so bisher nicht existierte. Die Plakatierung und die Reaktionen darauf erlaubten eine tagesaktuelle politische Kommunikation, die fast mit der heutigen Kommunikation über die sozialen Medien vergleichbar ist.
Die Maueranschläge geben den Blick frei auf die politischen Umbrüche dieser Zeit, auf das Verhältnis zwischen Arbeiter*innen, Bürger*innen, Militär und König im Ringen um Demokratie und Mitbestimmung gegen den absolutistischen Staat. Anhand des Impressums lässt sich bei den meisten Plakaten die politische Ausrichtung der Botschaft ablesen.
Die Möglichkeit der freien politischen Willensbekundung endete in Berlin am 13. November 1848 mit der nunmehr geforderten polizeilichen Genehmigung der öffentlichen Plakatierung.
In der Sammlung Dokumente des Stadtmuseums Berlin werden zahlreiche Maueranschläge, Flugblätter, Flugschriften und Zeitungsbeilagen aus den Jahren 1848/49 aufbewahrt. Dabei handelt es sich großteils um einseitig bedruckte Blätter. Aus dieser Sammlung werden einige Plakate im Raum Revolution der Ausstellung BERLIN GLOBAL als Reproduktionen gezeigt und hier in der Sammlung Online erläutert. Die Kommentierung der Objekte macht deutlich, wie öffentliche Printprodukte aus der Revolutionszeit gezielt zur Information und Desinformation, Propaganda, politischen Willensbekundung, für Versammlungs- und Wahlaufrufe, aber auch für Humor genutzt wurden.